Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger macht 50% seines Schadens geltend, den er bei einem Verkehrsunfall im November 2016 erlitt. Hierbei fuhr er mit seinem Kfz auf das vor ihm befindliche, von der Erstbeklagten gesteuerte und bei der Zweitbeklagten haftpflichtversicherte Kfz auf. Der Kläger behauptet, die Erstbeklagte habe ihr Fahrzeug zunächst von 70 auf 50 km/h verringert und dann ohne erkennbaren Grund auf freier Strecke zum Stillstand abgebremst. Die Beklagten sind dem entgegengetreten mit der Behauptung, der Kläger sei auf das mit 50 km/h fahrende Beklagtenfahrzeug aufgefahren, das erst danach bis zum Stillstand abgebremst habe.
Nach Ansicht des LG müsse ein nachfolgender Kraftfahrer ein plötzlich scharfes Bremsen des Vorausfahrenden grundsätzlich einkalkulieren. Das Gebot des ausreichenden Sicherheitsabstandes diene dazu, dem Hintermann die Möglichkeit zu eröffnen, durch rechtzeitiges Abbremsen ein Auffahren zu vermeiden, wenn das vorausfahrende Kfz seine Geschwindigkeit plötzlich vermindere. Auf den Grund des Abbremsens komme es nicht an. Insbesondere setze der Anscheinsbeweis ein verkehrsgerechtes Verhalten des Vorausfahrenden nicht voraus. Ein nachfolgender Kraftfahrer müsse sich auch dann auf ein plötzliches Bremsen einrichten, wenn es ohne für den Hinterherfahrenden erkennbaren Anlass erfolge und selbst dann, wenn es verkehrswidrig sei.
Im Ergebnis lässt sich somit feststellen, dass grundsätzlich das Auffahren auf ein anderes Kfz den Anschein erweckt, dass der Auffahrende selbst den Unfall verschuldet hat. Dieser Anschein kann nicht allein dadurch erschüttert werden, dass der Vorausfahrende ohne zwingenden Grund stark bremst.
LG Saarbrücken, Urteil vom 04.10.2019 - Az. 13 S 69/19-
Rechtsanwalt Daniel Krug
unter Mitwirkung von Rechtsreferendarin Josephine Steek