Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass weder unerledigtes Ablehnungsgesuch noch ein unerledigter Antrag auf Terminverlegung das Fernbleiben von der Hauptverhandlung entschuldigt.
Mit einem Ablehnungsgesuch - auch Befangenheitsantrag genannt - kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit in einem Strafverfahren abgelehnt werden. In dem vorliegenden Fall hatte einer der beiden Angeklagten am Vorabend des ersten Gerichtstermins ein solches Ablehnungsgesuch gegen den Richter in der Hauptsache gestellt. Das Gesuch blieb bis zu dem Gerichtstermin unerledigt. Der nicht antragstellende Mitangeklagte erschien nicht zu dem Prozess.
Das OLG Karlsruhe hält das Fernbleiben für nicht entschuldigt. Dies wird zum einen damit begründet, dass der betroffene Richter bis zur Entscheidung über den Antrag weiterhin noch Handlungen vornehmen muss, die keinen Aufschub gestatten, § 29 Abs. 1 StPO. Dazu gehört die Durchführung der Hauptverhandlung, § 29 Abs. 2 StPO. Zum anderen durfte der Angeklagte auch nicht auf das Ersuch eines anderen (Mitangeklagten) vertrauen, sondern hätte sich selber noch einmal am Gericht nach dem Stand des Gesuches erkundigen müssen.
Im Ergebnis steht fest: der Angeklagte hat trotz eines Ablehnungsantrages bis zu dessen Entscheidung zu der Hauptverhandlung zu erscheinen. Das OLG Karlsruhe weist dabei ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, selber der Verhandlung fern zu bleiben und sich stattdessen von seinem Verteidiger vertreten zu lassen, § 411 Abs. 2 StPO (das gilt aber nur für bestimmte Verfahrensarten im Strafprozeß!!). Fehlt ein Angeklagter unentschuldigt in einem Strafprozess, kann durch Haftbefehl seine Anwesenheit erzwungen werden, § 230 Abs. 2 StPO, oder gemäß § 232 StPO auch in seiner Abwesenheit ein Urteil gefällt werden. Im Zweifel sollte deshalb (eigentlich wie immer) ein Anwalt konsultiert werden.
OLG Karlsruhe, Beschluss v. 24.10.2019 – 1 Rv 21 Ss 716/19
Rechtsanwalt Daniel Krug
unter Mitwirkung von Charlotte Woelke