Strafrecht: für Durchsuchung reicht ein einfacher Tatverdacht

Eine Durchsuchung erfordert keinen dringenden Tatverdacht. Es reichen tatsächliche Anhaltspunkte, die einen Verdacht begründen.

Nicht nur bei einem dringenden Tatverdacht ist eine Durchsuchung zulässig. Es bedarf nicht einmal eines sogenannten hinreichenden Verdachtes. Ausreichend ist ein konkreter Verdacht, der auf bestimmten tatsächlichen Anhaltspunkten basiert. Diese müssen über bloße Vermutungen hinausgehen. Allerdings kann auch eine bloße Zeugenaussage einen konkreten Verdacht begründen, wenn weitere Ermittlungen den Tatverdacht weder erhärten noch entkräften können. Davon abgesehen ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einzuhalten. So stellte der Bundesgerichtshof in einem Beschluß fest.

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA) ermittelte gegen den Betroffenen wegen Verdachts der Gründung und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens kam es zu einer Durchsuchung. Diese wurde vom Ermittlungsrichter des BGH angeordnet. Sowohl die Person des Betroffenen als auch die von ihm mitgeführten Sachen, das auf ihn zugelassene Fahrzeug und die von ihm genutzten Wohn- und Nebenräume sollten durchsucht werden Die Anordnung basierte auf einem Verdacht, welcher hauptsächlich auf die Aussage des Zeugen F gestützt wurde.

Dieser hatte den Betroffenen beim Verfassungsschutz angezeigt. Dort erklärte er, der Betr. habe auf einem Stadtfest gegenüber ihm den Willen geäußert, ein Gewehr zu erwerben. Dazu gab der Zeuge über sich an, dass er tatsächlich Gewehre herstellen könne, da er nebenberuflich Büchsenmacher sei. Dies wisse auch der Betroffene. Zudem habe dieser erzählt, einen Anschlag auf den Bundespräsidenten zu planen. Er zähle zu einem Umfeld von Personen, die ein solches Projekt unterstützen würden.

Über die Person des Betroffenen selbst merkte der Zeuge noch an, der Betroffene sympathisiere mit dem Nationalsozialismus und habe eine ausländerfeindliche Weltanschauung.

Zum Rahmgeschehen des Gesprächs sagte der Anzeigeerstatter hinsichtlich seiner eigenen Person aus, er wäre auf dem Volksfest mit seiner Freundin gewesen. Die Freundin verneinte jedoch in ihrer Vernehmung, bei diesem Volksfest anwesend gewesen zu sein. Allerdings erinnere sie sich an den Besuch eines Cafés im Oktober 2017. Daraufhin erklärte der Zeuge noch am Tag der Vernehmung, die Unterhaltung könne auch am 24. 9. 2017 stattgefunden haben und legte zur Bestätigung Auszüge aus WhatsApp- Nachrichten vor.

Bei den verdeckten Ermittlungen des GBA konnte keine Beweise für die angeblichen Pläne des Betroffenen gefunden werden. Allerdings konnte die Zeugenaussage auch nicht widerlegt werden. Stattdessen konnten aber die beschriebenen Randinformationen zum Teil bestätigt werden.

Erhärtende Beweise sind jedoch auch bei der Durchsuchung nicht aufgefunden worden. Das Verfahren gegen den Betroffenen wurde am 19.6. 2018 eingestellt. Am 17. 3. 2019 legte der Betroffene gegen die Durchsuchungsanordnung Beschwerde ein.

Nach Auffassung des BGH ist die Beschwerde zwar zulässig, aber unbegründet. Zwar gäbe es Anhaltspunkte dafür, die Glaubhaftigkeit der Aussage zu hinterfragen. Die Rede ist dabei vom Aussageverhalten des Zeugen und seinem Eigeninteresse. Zum Zweitem wird Bezug genommen auf die Forderung des Zeugen, im Gegenzug für seine Informationen möge ein gegen ihn geführtes Verfahren eingestellt werden.

Trotz dieser Zweifel handele sich jedoch nicht um eine augenscheinliche Falschaussage. Eine individuelle Glaubhaftigkeitsanalyse sei nicht erforderlich. Die Durchsuchung sollte gerade auch eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit bewirken. Zudem sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt worden.

Zur Erläuterung: Staatliche Eingriffe in die Grundrechte der Bürger müssen verhältnismäßig sein. Bei einer Durchsuchung wird in die grundrechtlich geschützte Privatsphäre (Art. 13 GG) eingegriffen. Daher gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Eine staatliche Maßnahme ist verhältnismäßig, wenn sie bezüglich eines damit verfolgten Zwecks geeignet, erforderlich und angemessen ist.

Dazu führt der BGH aus, die Durchsuchung sei geeignet gewesen, die Klärung des Verdachtes zu fördern. Auch sei kein ebenso effektives, milderes Mittel möglich gewesen. Schließlich stünde die Schwere des Grundrechtseingriffs in einem angemessenen Verhältnis zur Stärke des Tatverdachtes und der Schwere der Straftat. Der Tatverdacht basiere nicht nur auf vagen Indizien, sondern auf der Aussage eines Zeugen, der über die strafrechtlichen Folgen einer Falschaussage belehrt wurde.

BGH, Beschluss vom 26.6.2019- StB 10/19

 

Rechtsanwalt Daniel Krug

unter Mitwirkung von stud. iur. Roman Cienciala

 

 

 

 

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